Altenpfleger, Gastronom, Bestatter - Tausendsassa Stephan Maria Alof war der Überraschungsgast beim 90. Kairos.
Kairos, die griechische Sagengestalt des günstigen Zeitpunktes, ist der Namensgeber der Veranstaltung, die seit 30 Jahren dreimal jährlich stattfindet. Das Besondere daran ist, dass der Gast dem Publikum vorher nicht bekannt ist. Das Veranstaltertrio KEB Rottal-Inn Salzach, KLB im Landkreis Altötting und Haus der Begegnung hütet dieses Geheimnis bis zum Abend strengstens. Gesichert ist nur, es ist ein Zeuge oder eine Zeugin der Zeit zu einem Thema der Zeit.
Am Montag, den 4. November, war dies Stephan Maria Alof, der Kirchenpfleger von St. Maximilian in München, der dort seit 30 Jahren an der Seite von Pfarrer Rainer Maria Schießler aktiv ist. Sein Thema zum einen die sich verändernde Bestattungskultur und die weitgehende Verdrängung des Todes aus dem Alltag und zum anderen wie er sich eine moderne Kirche vorstellt.
„Wer sich selbst nicht riechen kann, stinkt auch anderen“, zitiert er zu Beginn den kürzlich verstorbenen Bischof Kamphaus. Alof ist ein selbstbewusster Mann, der auf 57 Jahre bewegtes Leben schaut und dort mit beiden Beinen fest verankert ist. „Eigentlich war für mich immer klar, dass ich Priester werde oder in den Benediktiner Orden eintrete“, sagt er. Gleichzeitig hat er niemals mit seiner Homosexualität hinter dem Berg gehalten und so kam es doch anders, ein anderer Weg, der zu seinem wurde. Gemeinsam mit einer Freundin eröffnet er Anfang der 90er Jahre eine Versorgungsstation für Aidskranke. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet, im Dienst an den Menschen, bis es irgendwann auch für mich gut war“, blickt er auf die intensive Zeit zurück. Es folgt eine völlig andere Richtung. Innerhalb kurzer Zeit eröffnet und betreibt er drei Gastronomiebetriebe im Münchner Glockenbachviertel. Jessas, Maria und Josef werden zu einer Marke und gleichzeitig zu drei Orten, an denen Kirche niederschwellig erlebbar ist. Die Kirche muss sich ehrlich und ohne Plan auf ihr Gegenüber einlassen, dort wo die Menschen sind, so lautet Alofs Credo. Die Fronleichnamsprozession 2011 beschreibt er dabei als Schlüsselerlebnis. Dort habe er Pfarrer Schießler überredet einmal abzuweichen vom altbewährten Weg mit den Altären, stattdessen landete man bei einem Sonnenstudio, einem Wellnesscenter und schließlich vor einer Schwulenkneipe. Als dort zum eucharistischen Schlusssegen die Blaskapelle spielte, seien von oben rote Rosenblätter geworfen worden — ein Bild wie im Film. Die positive Resonanz sei überwältigend gewesen. Ob nun St. Maximilian eine Musterpfarrei sei und die Leute nun deswegen mehr in die Kirche gehe, verneint Alof klar und ergänzt, dass es ihm darum auch nicht gehe. Es gehe um den großen Schatz der Traditionen und Rituale, die die Kirche den Leuten auf der Suche anbieten könnte. In großer Tiefe und Sensibilität müsse dabei vorgegangen werde und mit der Offenheit, dass die Menschen das Angebot auch ablehnen dürfen.
Die Möglichkeiten seien vielfältig, aber man arbeite in der Kirche meistens nicht gemeinsam, sondern ziehe eher über den anderen her, dabei sei es doch offensichtlich, dass nicht einer allein die Weisheit gepachtet habe.
Alof hofft, dass gerade die nun nahende Weihnachtszeit zum Anlass genommen wird, um den echten Stallgeruch wieder wahr- und anzunehmen. Als Kirche dort hinzugehen, wo es wortwörtlich stinkt und die Kirchengebäude dann nicht mit goldenen Sternen zu dekorieren, sondern Windeln und Medikamente in die Krippe zu packen, für die, die in Not sind.
Alofs Leben nun führt ihn auch immer wieder dorthin zu der Not der Menschen. Er hat sich zum Bestatter umschulen lassen und animiert nun die Leute als Trauerredner selbst angesichts des Todes aktiv zu werden. Sei es der Vater, der für sein totes Kind den Sarg selbst zusammenzimmert oder die Ermunterung auch am Grab über die schönen Dinge, die das Leben bereithält, zu lachen. Es sei wichtig, dass sich die Leute ihrer Trauer stellen und ihren eigenen Zugang dafür finden. Wie das aussehen kann, stellt er demnächst in Burghausen aus, als Gesamtleiter der Themenwoche „Der Tod und die Schönheit“. Von 23. – 29.11. wird im Haus der Begegnung das Thema in Form einer Ausstellung und jeden Abend von einer anderen Perspektive aus beleuchtet. Tickets gibt es gleich hier!