Am Montag, den 05.05.2025 hatte das Haus der Begegnung HEILIG GEIST einen langjährigen Seelsorger, der an der KZ-Gedenkstätte in Dachau gearbeitet hat, zu Besuch, als es wieder hieß: Kairos - ein besonderer Abend mit einem Zeugen der Zeit!
Stühle mussten noch aufgestellt werden, um allen einen Sitzplatz zu ermöglichen. Gespannt war man auf den Zeugen der Zeit, der persönlich erzählt von seinem Aufwachsen in München und von seinem beruflichen Weg als Pastoralreferent. Immer wieder ist ihm etwas zugetraut worden. Und immer wieder hat er sich getraut, den Moment zu ergreifen. So auch 2008, als er die Stelle des Seelsorgers an der KZ-Gedenkstätte in Dachau angetreten hat. Die Beschäftigung mit dem Leid und den Schicksalen, die viele Begegnungen dort haben ihn geprägt. Zum Beispiel lässt ihn der Satz eines polnischen Jesuiten nicht los, der seine Erfahrungen im KZ reflektierte und sagte, dass er in Dachau gelernt hat den Hass zu hassen. In den Führungen mit Jugendlichen ist es ihm wichtig, dem Menschenbild der Nationalsozialisten vom eigentlichen (arischen) Menschen und den maximal untergeordneten Menschenrassen die jüdisch-christliche Botschaft vom Menschen als Ebenbild Gottes entgegenzustellen. Die kritische Frage stellt sich Schmidinger, wie es sein konnte, dass 1933 bei der Reichtagswahl über 43 Prozent der Deutschen die NSDAP gewählt haben und 95 Prozent im Land Christen waren? Die Christen als eine Erinnerungsgemeinschaft, dass Jesus am Kreuz gestorben ist, lenkt den Blick immer auf die Ausgegrenzten. Im anschließenden Gespräch wurden Parallelen gezogen zur Situation heute. Der Referent fragte sich, wie es gelingen kann auch heute die Herzen der Menschen mit radikaler Gesinnung zu erreichen und mit der Botschaft der Menschenwürde, die für alle gilt, in Verbindung zu bringen. Auf die Frage nach einer schönen Erfahrung in der Begegnung mit ehemaligen Häftlingen, erzählte Schmidinger von Max Mannheimer, der trotz der nicht wiedergutzumachenden Widerfahrnissen im KZ seinen Humor nicht verloren hatte.
Reinhold Sterflinger bedankte sich für die Veranstalter beim Zeugen der Zeit und stellte eine Führung von Ludwig Schmidinger im KZ Dachau in Aussicht. Denn auch im Ruhestand bleibt für den Kairosgast der Auftrag Jesu „ihr sollt meine Zeugen sein“ aktuell, umso mehr die Überlebenden des Holocaust nicht mehr unter uns sind.