Exkursionen und Fahrten

Spezial-Führung | Macht und Vergänglichkeit

Heilig Geist Burghausen HDB am 23.07.2025

Künstler Andreas Kuhnlein vor einer Gruppe von Zuhörenden Info Icon Foto: Rebekka Redinger-Kneißl

Macht und Vergänglichkeit - so lautet der Titel der Ausstellung von Andreas Kuhnlein auf der Burghauser Burg anlässlich des 1000-jährigen Stadtjubiläums. Ludwig Raischl organisierte eine persönliche Führung mit dem Bildhauer, bei der die Teilnehmenden ganz besondere Eindrücke und Impulse zum Weiterdenken bekamen. 

Andre­as Kuhn­lein ist wie ein alter Bekann­ter für das Haus der Begeg­nung. Steht doch sei­ne Kai­ros-Figur im Innen­hof und ist somit tag­täg­lich für jeder­mann sicht­bar. Daher war es für den Unter­wös­se­ner Künst­ler kei­ne Fra­ge als ihn Lud­wig Rai­schl um eine per­sön­li­che Füh­rung durch sei­ne Aus­stel­lung auf der Burg bat. 
Rund 25 ein­ge­la­de­ne Gäs­te, ins­be­son­de­re Mit­glie­der der Mitt­wochs­ge­mein­de, lau­schen gebannt als Andre­as Kuhn­lein die Geschich­te der Skulp­tu­ren erzählt. Macht und Ver­gäng­lich­keit sei seit über 30 Jah­ren ein The­ma für ihn. 

Auf­ge­teilt ist die Aus­stel­lung in drei Berei­che in den unter­schied­li­chen Burg­hö­fen. 
Der ers­te Teil trägt den Titel Welt­li­che Macht”. Dar­ge­stellt ist die Ehr­er­wei­sung bei der Hoch­zeit von Her­zog Georg dem Rei­chen und Hed­wig. Nur die­se bei­den Figu­ren sind neu für die Aus­stel­lung ange­fer­tigt wor­den. Die übri­gen stam­men aus Kuhn­leins Euro­pa­rats­aus­stel­lun­gen Otto der Gro­ße (2001) und Hei­li­ges Römi­sches Reich Deut­scher Nati­on (2006). 
Die Attri­bu­te und die Klei­dung sind über das gesam­te Mit­tel­al­ter ziem­lich gleich geblie­ben”, infor­miert Kuhn­lein. So pas­sen die Figu­ren gut in die Burg­hau­ser Zeit­ge­schich­te, auch wenn sie ursprüng­lich für ein ande­res Pro­jekt bestimmt waren. Georg und Hed­wig gegen­über ste­hend fin­det sich in der Mit­te der Kai­ser, links und rechts die Her­zö­ge und auch eine klös­ter­li­che Frau. Es ist kaum anders als bei den roya­len Hoch­zei­ten heut­zu­ta­ge — ein Aus­druck von Kon­ti­nui­tät, Macht und öffent­li­cher Ehrerweisung. 

Die Figu­ren sind wie für Kuhn­lein typisch aus Hart­höl­zern (Ulmen) mit der Motor­sä­ge her­aus­ge­ar­bei­tet. Die Bäu­me stam­men meist aus Wind­wurf oder sind sol­che, die auf­grund von Bau­maß­nah­men wei­chen müs­sen. Wegen mei­ner Kunst­wer­ke muss kein Baum extra ster­ben”, das ist ihm wich­tig. Nach der Fer­tig­stel­lung wer­den die Figu­ren nur noch kurz mit dem Bun­sen­bren­ner bear­bei­tet, um etwa­ig über­ste­hen­de Spä­ne noch zu ent­fer­nen, sonst wer­den sie nicht wei­ter behan­delt.
Die durch die­sen Stil ent­ste­hen­de Zer­klüf­tung bedeu­tet für den Bild­hau­er per­sön­lich vor allem eins: Befrei­ung. Aber es bringt auch die Bru­ta­li­tät zum Aus­druck, die in jedem Men­schen steckt. Da müs­se man sich nichts vor­ma­chen. Es gibt aber auch die ver­letz­ba­re und zer­brech­li­che Sei­te des Men­schen, die her­vor­scheint. Und letzt­lich die zen­tra­le Wahr­heit unse­rer Exis­tenz: die Vergänglichkeit. 

Andre­as Kuhn­lein schmun­zelt als er den Zuhö­ren­den von sei­nem für ihn schöns­ten Erleb­nis über­haupt berich­tet: 88 Grund­schü­ler waren bei mir zuhau­se am Hof. Dort im Sta­del ste­hen mitt­ler­wei­le über 400 Figu­ren. Und ein etwa 8‑jähriger Jun­ge schau­te sich das Gan­ze an und frag­te auf ein­mal nach­denk­lich: Wie viel Ster wer­den das jetzt wohl sein?’ Nach einem Moment des Lachens, über­leg­te ich und sag­te, es wer­den wohl so 30 – 40 sein. Und vom Jun­gen kam prompt: Das hät­te ich jetzt auch gesagt.” 
So unter­schied­lich ist der Fokus eines jeden.” Und dann wird Kuhn­lein ernst und meint: Es wird so viel über jun­ge Men­schen geschimpft. Aber das stimmt nicht. Wir müs­sen ihnen die Mög­lich­keit geben zu hin­ter­fra­gen, war­um die Din­ge, so sind wie sie sind. Und wenn nur das gelingt, dann bleibt auch Ham­mer und Spray­do­se weg.” 

Der zwei­te Aus­stel­lungs­teil ist über­schrie­ben mit Kirch­li­cher Macht und zeigt den Ein­zug der Bischö­fe. Kuhn­lein fasst noch ein­mal kurz zusam­men, wie über vie­le Jahr­hun­der­te kirch­li­che und welt­li­che Macht untrenn­bar zusam­men­hin­gen. Ursprüng­lich stammt die Figu­ren­grup­pe aus der Euro­pa­rats­aus­stel­lung die 2006 in Mag­de­burg und in Vol­ter­ra, Ita­li­en zu sehen war. Dar­ge­stellt wur­de damals die Krö­nungs­ze­re­mo­nie Ottos des Gro­ßen. Die Orna­te und Mytren der Bischö­fe sind glatt. Das soll die Stand­haf­tig­keit der Insti­tu­ti­on Katho­li­sche Kir­che zei­gen. Ande­rer­seits spie­gelt sich in ihr aber auch die Starr­heit wider, so haben Orna­te und Mytren gleich­zei­tig etwas Erdrü­cken­des an sich. Die Gesich­ter der Trä­ger sind wie­der zer­klüf­tet, denn sie sind der Ver­gäng­lich­keit unter­wor­fen. Der Rest wird sich Jahr­hun­der­te hal­ten und sei es als Aus­stel­lungs­ob­jek­te in Muse­en. 
Eine der Figu­ren wiegt etwa 80kg. Andre­as Kuhn­lein hat sie alle selbst mit der Sack­kar­re dort­hin trans­por­tiert, wo sie noch bis 31.Oktober ste­hen wer­den. Ich mag die­sen Auf­bau. Da brauch ich auch nie­man­den. Ich bin gern mit mei­nen Figu­ren allein.” 

Zu den Bischö­fen fällt Kuhn­lein eine wei­te­re Anek­do­te ein: Die Figu­ren­grup­pe hät­te neben ande­ren fünf Jah­re lang Teil einer Wan­der­aus­stel­lung in den USA sein sol­len. Er berich­tet von gro­ßem Büro­kra­ti­schen Auf­wand für die Ein­fuhr sei­ner Skulp­tu­ren. Schließ­lich sei­en die Bischofs­fi­gu­ren abge­lehnt wor­den. Der Den­ver Air­port hat­te beden­ken, dass Opfer des Ku-Klux-Klans sich dadurch getrig­gert und belei­digt füh­len könn­ten. Es sei schon inter­es­sant, wo die Gren­zen gezo­gen wür­den, zwin­kert der mehr­fa­che Kunst- und Kulturpreisträger. 

Der drit­te und letz­te Teil der Aus­stel­lung beschäf­tigt sich mit dem All­tags­be­reich. Zu sehen sind Kauf­leu­te, Bau­ern, aber auch die Gerichts­bar­keit und klös­ter­li­ches Leben. Kuhn­lein, der selbst eng mit dem Klos­ter See­on ver­bun­den ist, stellt die Bedeu­tung der Klös­ter im Mit­tel­al­ter vor allem für den Bil­dungs­be­reich heraus. 

Dane­ben gab es die Bau­ern und die Kauf­leu­te, die zum Teil zwi­schen Kir­che und welt­li­cher Macht zer­rie­ben wur­den. Ich glau­be, die hat­ten schon ein schwe­res Leben. Den­ken wir nur an die Abga­be des Zehnts.” Dar­ge­stellt etwas abseits ist auch die Gerichts­bar­keit. Da war man mit­un­ter ein­fach hilf­los ausgeliefert. 

Dass dies kei­ne Tat­sa­che ist, die rein der Ver­gan­gen­heit ange­hört, hat Kuhn­lein in sei­ner Zeit an der Kunst­aka­de­mie in Luoyang, Chi­na selbst mit­er­lebt. Dort habe er die begna­dets­ten Bild­hau­er über­haupt ken­nen­ler­nen dür­fen. Aber alles Talent nützt nichts, wenn man das, was in einem steckt nicht frei sagen darf. Ihm sei täg­lich immer wie­der bewusst, wel­ches Geschenk es ist, in wel­cher Frei­heit wir leben kön­nen. Das sei nicht selbst­ver­ständ­lich und es sei lei­der stark zu sehen, wie brü­chig die­se Frei­heit ist. 

So bleibt für Kuhn­lein am Ende der Füh­rung vor allem eine Bot­schaft: Kunst ist immer ein gesell­schafts­po­li­ti­scher Auf­trag. Jeder muss sei­nen Teil dazu bei­tra­gen, dass die Frei­heit, in der wir leben, erhal­ten bleibt.” 

Die Burg als Ort mit eige­ner Geschich­te und eige­nem Rah­men liegt Andre­as Kuhn­lein beson­ders am Her­zen. Hier kann jeder her­kom­men. Es ist nicht ste­ril wie in einer abge­schlos­se­nen Gale­rie, wo man sich als Nor­mal­sterb­li­cher gar nicht rein­traut.” Sei­ne Figu­ren dür­fen ange­fasst wer­den und machen so Kunst und Bot­schaft im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes begreif­bar. 

Kunst ist immer ein gesell­schafts­po­li­ti­scher Auf­trag. Jeder muss sei­nen Teil dazu bei­tra­gen, dass die Frei­heit, in der wir leben, erhal­ten bleibt.”

Andreas Kuhnlein

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