Sonntagsimpuls

Sonntagsgedanken | Kühlschrankseelsorge

Heilig Geist Burghausen HDB am 01.06.2025

Wenn man in der Schule einen komplexen Text behandelt, dann gibt man den Schüler:innen Tipps an die Hand wie sie sich diesem nähern können. Markiert euch die wichtigen Passagen, unterstreicht euch essenzielle Begriffe und versucht diese für euch zu klären. 
Drei solcher Begriffe möchte ich aus dem Evangelium (Joh 17,20-26) herausnehmen: Herrlichkeit, Einheit und Liebe. 

Ich habe ihnen die Herr­lich­keit gege­ben, die du mir gege­ben hast”, sagt Jesus. Was genau soll denn das bedeu­ten? Was ist denn die­se Herr­lich­keit? Denn das Wort Herr­lich­keit selbst, ver­wen­den wir in unse­rer All­tags­spra­che eher weni­ger. Herr­lich’ als Adjek­tiv schon eher, wenn wir zum Bei­spiel das herr­li­che Wet­ter beschrei­ben oder von den herr­li­chen Spei­sen spre­chen, wenn uns etwas ganz beson­ders gut geschmeckt hat. Die Herr­lich­keit Got­tes bezeich­net aber sei­ne sicht­ba­re oder erfahr­ba­re Gegen­wart, sei­ne Grö­ße, Macht, sei­ne Hei­lig­keit und Majes­tät. In der hebräi­schen Bibel ist Kabod” das zen­tra­le Wort, wört­lich über­setzt mit Gewicht” oder Bedeu­tung”. Es drückt die über­wäl­ti­gen­de Gegen­wart Got­tes. Sozu­sa­gen der abso­lu­te Wow-Moment, wo wir eigent­lich kei­ne Wor­te mehr dafür haben, weil die Vor­stel­lung von Gott unser mensch­li­ches Wesen über­steigt. Aber, wir haben die glei­che Herr­lich­keit bekom­men, die auch Jesus bekom­men hat — wir dür­fen also schon uns selbst, unser Dasein als Wow-Moment bezeich­nen. Wir haben Anteil an Got­tes Wesen. Gleich­wenn, wir noch nicht in der Voll­endung die­ser Herr­lich­keit ste­hen. Denn Herr­lich­keit ist gleich­zei­tig auch das Ziel der Schöp­fung: Alles soll zur Ver­herr­li­chung Got­tes die­nen, so heißt es im Römer­brief. 
Herr­lich­keit bedeu­tet also Got­tes äuße­res Wesen mit all sei­ner Pracht, aber zugleich auch Aus­druck sei­nes inners­ten Wesens. 
Als nächs­tes begeg­net uns der Begriff Ein­heit. Es ist das zen­tra­le Anlie­gen Jesu im soge­nann­ten hohe­pries­ter­li­chen Gebet, das uns im 17. Kapi­tel des Johan­nes Evan­ge­li­ums geschenkt ist. Das Johan­nes­evan­ge­li­um, so geht die For­schung momen­tan davon aus, ist etwa 100 nach Chris­tus ent­stan­den. Bemer­kens­wert also, dass schon zu die­ser Zeit wohl die Ein­heit ein wich­ti­ges The­ma war. Denn wir dür­fen davon aus­ge­hen, dass sich der Evan­ge­list Johan­nes alles wohl über­legt hat — jedes Wort genau gewählt und an sei­nem rich­ti­gen Platz ist. Wenn wir in die Kir­chen­ge­schich­te schau­en, dann wis­sen wir, dass es um die Ein­heit der Chris­ten nicht immer gut bestellt war. Da gab es klei­ne­re und gro­ße Spal­tun­gen, die bis heu­te prä­gend sind. Wir wis­sen auch, dass heu­te die Ein­heit immer wie­der bedroht und ange­fragt ist. Nicht zuletzt durch den syn­oda­len Weg” ist das auch bei uns ins wie­der ins Bewusst­sein gerückt. Papst Fran­zis­kus hat die­ses Pro­zess des mit­ein­an­der Gehens ange­sto­ßen, Papst Leo der XIV hat die Ein­heit sogar in sei­nem Wap­pen ste­hen. 
Aber wie kom­men wir nun zu der Ein­heit? Wenn wir auf die Ver­bin­dung zwi­schen Jesus und sei­nen Vater schau­en, so sagt er, und wir uns dar­in ein­ge­schlos­sen wis­sen. Als Gemein­schaft der Gläu­bi­gen unter­ein­an­der und mit Gott — gestif­tet durch den Hei­li­gen Geist, wenn wir das Pfingst­fest nächs­ten Sonn­tag schon vor­weg­neh­men. Die Ein­heit ist kein blo­ßes orga­ni­sa­to­ri­sches Ein­ver­neh­men, son­dern eine geist­li­che Rea­li­tät, die aus Got­tes Wesen her­vor­geht. Ein­heit bedeu­tet nicht Uni­for­mi­tät und dass alles gleich sein muss, nein, Ein­heit ist immer Viel­falt, sie bedeu­tet ver­söhn­te Verschiedenheit.

Und dann bleibt natür­lich noch die Lie­be. Sie ist das zen­tra­le Wesen Got­tes — Gott ist die Lie­be” (1 Joh 4,8). Die höchs­te Form der Lie­be — Aga­pe — ist die eine, sich selbst hin­ge­ben­de, selbst­lo­se Lie­be, die ihren Höhe­punkt im Kreu­zes­tod Jesu fin­det. Die­ses Gebet, das wir von Jesus gehört haben, spricht er kurz bevor die­se Lie­be ihre Voll­endung fin­det. Er weiß, was kom­men wird und so bit­tet er für uns in die­ser und für die­se Lie­be. Die Lie­be, sie ist sowohl Got­tes Han­deln an uns als auch unse­re Ant­wort auf Gott und unse­re Mit­men­schen. Sie ist das höchs­te alle Prin­zi­pi­en, sie rela­ti­viert alle ande­ren Gebo­te und sie erfüllt sie zugleich. Sie ist das Ziel aller christ­li­chen Exis­tenz (vgl. 1 Kor 13). 
Und dann möch­te ich die­se drei Begrif­fe noch um einen wei­te­ren Ergän­zen, den der Fri­gid­är­pas­to­ral. Nein, das steht natür­lich nicht im Evan­ge­li­um — und das ist auch kein geläu­fi­ger Begriff. Fri­gid­är­pas­to­ral meint Kühl­schrank­seel­sor­ge. Max Anger­mann erklärt ihn damit, dass die Glau­bens­in­hal­te einem Eis­block glei­chen, kalt und hart, in einem Fest­hal­ten an star­ren For­men, ein Pochen auf Amts­au­tori­tät und Recht. Dabei lau­fen die, die dann in die­ser Wei­se Seel­sor­ge betrei­ben, kalt und unnah­bar wer­den und eher abschre­cken­de Wir­kung haben als noch in irgend­ei­ner Wei­se anzie­hend zu sein. 
Mir gefiel die­ser Begriff Fri­gid­är­pas­to­ral irgend­wie, aber nicht in die­ser nega­ti­ven Wei­se. Und weil es kein fest­ste­hen­der Aus­druck ist, habe ich mir erlaubt ihn für mich posi­tiv umzu­deu­ten.
Wenn ich zuhau­se mei­nen Kühl­schrank öff­ne, dann weiß ich, dass ich gro­ßes Glü­cke habe, dass der prak­tisch immer voll ist — aber das ist nicht das The­ma. Also wenn ich den öff­ne, dann kann ich mir wirk­lich den­ken — herr­lich, was da alles drin ist. Und dann sind mei­nem Kühl­schrank kei­ne Eis­blö­cke, son­dern Din­ge, die für mein Leben essen­zi­ell sind. Din­ge, die ich wirk­lich brau­che. Din­ge, die dadurch, dass sie im Kühl­schrank sind, län­ger frisch blei­ben, halt­bar blei­ben. So ist das für mich auch für mei­nen Glau­ben, er ist essen­zi­ell für mein Leben. Ich brau­che das, dass ich auf eine Fül­le zugrei­fen kann. Und da gibt es Din­ge, die mir mehr schme­cken als ande­re und auch nicht jeder Tag ist gleich. 
Da sind Din­ge in mei­nem Kühl­schrank, die unter­schied­li­cher nicht sein könn­ten, aber sie haben alle ihren Platz. Der Kühl­schrank gibt ihnen nur einen guten Rah­men, sie dür­fen trotz­dem so blei­ben wie sie sind. Denn gera­de die Viel­falt mach­t’s. Und da ist noch Luft und Platz für mehr. 
Die­se Spei­sen in mei­nem Kühl­schrank stam­men letzt­lich alle aus der unver­füg­ba­ren Lie­be Got­tes zu sei­ner Schöp­fung. Klar hat sie jemand ange­baut, geern­tet, wei­ter­ver­ar­bei­tet, aber der Ursprung ist nicht mensch­ge­macht. Wenn ich nun etwas her­aus­neh­me, wei­ter­ver­ar­bei­te und mit ande­ren zusam­men­es­se, dann bleibt das nicht im Küh­len bewahrt, son­dern dann geht das wei­ter. 
Und so wün­sche ich uns allen, dass wir — trotz allem Ener­gie­be­wusst­sein — unse­ren Glau­bens­kühl­schrank offen­ste­hen las­sen kön­nen, damit nicht nur wir zugrei­fen kön­nen, son­dern sich die Ener­gie wei­ter­trägt, damit das Gebet Jesu nach Herr­lich­keit, Ein­heit und Lie­be nicht nur from­mer Wunsch bleibt, son­dern die trei­ben­de, frisch­blei­ben­de Kraft in uns. 
 

Rebek­ka Redin­ger-Kneißl, Direktorin 

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