Evi Wendlinger
Haben Sie das schon einmal erlebt: Etwas hat sich überraschend gut gefügt? Vielleicht nicht unbedingt so, wie Sie es sich gewünscht hatten, aber es kam eine innere Ruhe auf. Eine Kraft war spürbar, die half, handlungsfähig zu bleiben. Eine Freundin von mir sagt in schönstem Bairisch: „Dass da’s dadoa kannst.“
Das Evangelium bestärkt darin, einer solchen Erfahrungen immer mehr zu vertrauen. Der Evangelist weiß, wie leicht dieses Vertrauen im Trubel des Alltags untergeht, zwischen kleinen und großen Sorgen und Kümmernissen. Deshalb gibt er detaillierte und ermutigende Beispiele, wie dieses Vertrauen gelebt werden kann.
Gleich zu Beginn wird das „Programm“ deutlich: Dann „suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.“ (V.1)
Im jüdischen Denken steht die Zahl 72 symbolisch für alle Nationen der Welt – das heißt: Jesu Sendung gilt allen Menschen, nicht nur den ursprünglichen zwölf Aposteln. Alle, die zu ihm gehören, sind gesandt, die Frohe Botschaft weiterzugeben – also auch wir.
Jesus sendet uns „vor sich her“ – das heißt: Er geht selbst den Weg, er kommt nach. Und er steht auch hinter uns. Er stärkt uns den Rücken.
Damals wie heute ist das Vertrauen auf Gottes Wirken eine Herausforderung. „Nehmt nichts mit auf den Weg“, sagt Jesus – keine Vorräte, kein doppeltes Gewand, keine Absicherung. In einer Kultur mit legendärer Gastfreundschaft war das vielleicht einfacher als heute – und doch verlangt es auch damals Mut, sich nicht auf die eigenen — sichtbaren — Absicherungen zu verlassen, sondern auf Gottes unsichtbare Fürsorge.
Neben der Herausforderung ist Jesu Anweisung aber auch entlastend: Wir brauchen uns nicht zu sorgen um Kleidungs- oder Versorgungsfragen, auch nicht darum, wie seine Botschaft ankommt.
Nicht Angst vor Ablehnung oder Groll, wenn die Botschaft nicht ankommt, soll uns bestimmen. Denn: „Das Reich Gottes ist nahe.“ (V. 10+11)
Gott ist schon da. Was letztlich Bestand hat, liegt in seiner Hand. (V.12)
Als die 72 Jünger zurückkehren, sprudeln sie über vor Freude. Sie berichten, was sie erlebt haben, wie viel Gutes geschehen ist. Auch das gilt uns: Immer wieder dürfen wir mit unserem Erleben – mit Schönem wie Schwerem – zu Jesus kommen. Und immer wieder hören wir seine Zusage:
„Eure Namen sind im Himmel aufgeschrieben.“
Du bist fest und für alle Ewigkeit verankert in meinem Kosmos, in meinem Lebensraum.
Daran kann nichts rütteln, dem kann nichts schaden.
Würde ich mir wünschen, mehr von diesem Vertrauen leben zu können?
Wenn wir in die Welt schauen, wird mancher sagen: „Nichts kann euch schaden! — das stimmt doch nicht.
Viele, die die Botschaft Jesu verkündet haben, wurden verfolgt und sogar getötet. Auch wir erleben Gegenwind und erleben Momente in denen uns das Leben verletzt.
Und doch kann auch in solchen Zeiten eine tiefere Erfahrung geschenkt werden: Ein Friede, der nicht von dieser Welt ist. Eine Geborgenheit in Gott, die sich menschlich kaum erklären lässt.
Wir brauchen uns nicht zu fürchten – weder vor den Ungeistern, die am Leben hindern noch vor dem Bösen, das es durchaus gibt. Jesus hat es überwunden. Und mit seiner Kraft rüstet er alle aus, die er sendet, damit sie in der unheilen Welt heilsam wirken.
Brigitta Neckermann-Lipp
Referentin im Haus der Begegnung
Ansprache zum 14. Sonntag im Jahreskreis, 6. Juli 2025 — Lk 10, 1−12.17−20


